Eigentlich wäre ich vom 11. März bis zum 15. März in Leipzig an der Buchmesse gewesen, wie viele andere Buchmenschen auch. Die Messe war eine der ersten, die leider wegen des Corona-Virus abgesagt wurde. Leipzig ist eine wichtige Messe für den Buchmarkt, da sich dort nicht nur die großen Verlage, sondern auch viele sogenannte Independent-Verlage – also unabhängige, meist inhabergeführte Kleinverlage – und auch viele Selfpublisher den Lesern präsentieren.
Die Buchmesse in Leipzig ist für mich eine gute Möglichkeit, mich wieder einmal umzusehen, was es im Bereich des Selfpublishing für neue Möglichkeiten gibt und viele befreundete Buchmenschen zu treffen.
Selfpublishing ja – aber nicht um jeden Preis
Ich habe schon einige Autor:innen kennengelernt, die ihr Buch einem Verlag zur Veröffentlichung anboten, da alle Nachbarn sagten: „Du musst deinen Text unbedingt einem Verlag geben. Das Buch ist so toll, und ich werde es auf jeden Fall kaufen.“
Die meisten von ihnen haben das Buch diversen Verlagen angeboten und von allen eine Absage bekommen. Also haben sie sich entschieden, ihr Buch im Selfpublishing herauszubringen. Leider waren einige dieser Autorinnen und Autoren nicht sehr schreibgewandt und die Texte strotzen von inhaltlichen, sprachlichen und grammatikalischen Fehlern. Da das Publizieren in einem Selfpublishing-Verlag nahezu kostenlos ist, wurden die Texte ohne größeren finanziellen Aufwand auf die Plattformen hochgeladen und veröffentlicht.
Alle Autorinnen und Autoren waren sehr stolz auf ihre Bücher und haben diese als Privatbestellung gekauft und dann an Familie, Freunde und Nachbarn verschenkt. Nur mussten sie leider im Laufe der Zeit feststellen, dass die einzigen verkauften Bücher, die von ihnen selbst gekauften waren.
Auf die Frage, wer denn nun genau an diesen Werken – trotz der hohen Tantiemen von etwa 70 Prozent – verdient hat, gibt es eine klare Antwort: Der Selfpublishing-Verlag, und zwar an den durch die Autoren gekauften Büchern.
Qualität muss sein – auch oder vor allem im Selfpublishing
Ein Verlag übernimmt zwar das finanzielle Risiko, er veröffentlicht aber nur das, was er im Moment als geeignet ansieht, um damit Umsatz zu machen.
Wenn man jedoch als Autor ein Thema bedienen möchte, das im Moment nicht „mainstream“ genug ist, kann es sehr schwer sein einen Verlag zu finden.
Viele Autoren suchen sich aus diesem Grund gar keinen Verlag mehr für ihre Texte, sondern entscheiden sich bewusst für das Selfpublishing. Wer ein Buch im Selfpublishing veröffentlichen möchte, muss mindestens mit der selben Ernsthaftigkeit an dieses Projekt gehen, wie wenn er den Text einem Verlag anbieten würde.
Verlage zahlen zwar nur sehr kleine Tantiemen, übernehmen dafür aber die Kosten von Produktion und Vermarktung und damit auch das entsprechende Risiko. Ob man mit seinem Buch Geld verdient ist nicht nur eine Frage von Verlag oder Selfpublishing, sondern auch der Auflage. Bei einem Verlag der das Buch stark bewirbt, kann man mit einer sehr kleinen Tantieme durchaus mehrere tausend Franken verdienen, genauso wie wenn man als Selfpublisher mit seinem Thema den Nerv der Zeit trifft und in einer guten Qualität publiziert.
Allein aufgrund der vermeintlich besseren Verdienstmöglichkeiten ins Selfpublishing zu gehen, ist keine gute Idee. Auf den ersten Blick sieht es zwar so aus, als würde man im Selfpublishing reich werden, erscheinen doch die 70 Prozent des Nettoverkaufserlöses sehr verlockend. Damit sich das Buch aber verkauft, muss es qualitativ hochwertig sein, das heißt, dass es in Sprache, Rechtschreibung und Verarbeitung einem Verlagsbuch in nichts nachstehen sollte. Und Qualität ist nicht kostenlos.
Als Selfpublisher sollte man sich deshalb ein paar Gedanken machen:
- Ich möchte ein Buch für meine Familie und Freunde schreiben.
- In mir steckt eine Geschichte, die unbedingt raus will und ich möchte diese publizieren, egal ob ich damit etwas verdiene oder nicht.
- Ich bin Fachexpert:in auf meinem Gebiet und mein Buch soll mich in meiner Arbeit unterstützen und meine Karriere fördern.
Das Buch für Familie und Freunde
Ein Buch für Familie und Freunde zu schreiben ist eine schöne Sache. Da es hier vor allem darum geht, über das eigene Leben, seine Erfahrungen oder vielleicht über die Familiengeschichte zu schreiben, ist Selfpublishing hier der richige Weg. Freunde und Familie werden einem zudem nachsehen, wenn der Text nicht perfekt ist. Sie werden sich auf jeden Fall über das Buch freuen.
Die eigene Geschichte
Es gibt viele Autoren, die wunderbare Geschichten Schreiben aber keine direkten Verkaufsabsichten hegen. Für sie ist die Publikation eines E-Books im Selfpublishing der perfekte Weg. Das Buch kann mit sehr geringen Kosten publiziert und anschliessend auf den gängigen Plattformen bestellt werden. Hier ist das Thema der Qualität nicht das zentralste, aber man kann seinen potenziellen Lesern mit einem guten Plot und guter Rechtschreibung und Grammatik durchaus eine Freude machen.
Das eigene Sachbuch als Marktinginstrument
Als Fachexperte sollte man vor allem eines beachten: Die Qualität des Buches ist das A und O. Durch ein selbst veröffentlichtes Buch wird die eigene Marktpräsenz derart vorangetrieben, dass es der Autorin oder dem Autoren – unter der Voraussetzung, dass bereits ein größeres Netzwerk an Kontakten besteht – viele großartige Chancen eröffnen kann.
Der Verdienst, der sich aus einem Sachbuch ergibt, ist nicht in erster Linie monetär. Das gesteigerte Interesse an der eigenen Person und der eigenen Dienstleistung darf man nicht außer Acht lassen. Als Expert:in ist das eigene Buch Teil des Selfmarketings.